Über die Sinnhaftigkeit einer Berufsunfähigkeitsversicherung müssen wir nicht mehr diskutieren. Selbst versicherungskritische Organisationen wie etwa der Bund der Versicherten sehen in privater Arbeitskraftabsicherung inzwischen eine Notwendigkeit. Die BU als „Königssparte“ hat sich in den vergangenen Jahren sprunghaft entwickelt. Nur auf die bekannten „fünf Sterne“ namhafter Vergleichsprogramme zu achten, genügt jedoch nicht. Wichtig sind auch die Szenarien, die zur Leistung führen. Eine davon, die AU-Regelung, möchten wir uns heute einmal genauer anschauen. 

Sie kennen die grundsätzlichste Voraussetzung, die zur BU-Rentenzahlung führt, natürlich: mindestens für voraussichtlich sechs Monate. Aber es gibt inzwischen natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Szenarien, bei deren Eintritt auch die Leistungspflicht der BU beginnt. Da hätten wir die Dienstunfähigkeitsklausel für die Beamten, die Infektionsklausel (zumindest) bei medizinischen Berufsbildern, das „Erreichen“ eines bestimmten Pflegegrads bzw. die Notwendigkeit von Hilfe bei einer bestimmten Anzahl von „Acts of daily living“ (ADL) usw. und all diese verschiedenen Auslöser machen es für Sie grundsätzlich einfacher, bequemer und sicherer, die versicherte Rente zu erhalten. Die Prüfung zu welchem Grad jemand seinen Beruf in der gewohnten Art und Weise noch ausführen kann, ist mitunter ein langwieriges Prozedere, bei dem schnell mehrere Meinungen im Raum stehen können. Ein Pflegegrad dagegen ist schnell nachgewiesen, ein Attest, welches eine Infektion bestätigt, schnell vorgelegt. Es beschleunigt einfach alles – teils ganz enorm.

Eine dieser Erleichterungen ist natürlich auch die sogenannte „Gelbe-Schein-Regelung“ bzw. „AU-Klausel“, nach der es zum Auslösen der BU-Rentenzahlung genügt, für mindestens sechs Monate krankgeschrieben zu sein. Nachdem ein einziger Versicherer in den 90er-Jahren anfing eine solche Regelung anzubieten, haben nun in den letzten Jahren endlich viele weitere Versicherer nachgezogen und bieten nun ebenfalls eine AU-Lösung – teils fix im Bedingungswerk verankert, teils optional gegen Beitragszuschlag.

Aufgepasst: Die meisten der Anbieter fordern trotz günstigerer Regel, dass dennoch ein regulärer BU-Antrag gestellt wird bzw. zumindest die dafür vorgesehenen Formulare eingereicht werden. Spartenexperten weisen zurecht darauf hin, dass nur mit der reinen Krankschreibung dem Versicherer nicht einmal bekannt wäre, woran ein Kunde erkrankt ist. In der Folge ist weder eine Prüfung möglicher Anzeigepflichtverletzungen bei Antragstellung noch eine eigene Prognose des zu erwartenden Krankheitsverlaufs möglich. Besteht kein Anlass, von Schmu bei der Antragstellung auszugehen, bleibt es aber bei der Einfachheit der AU-Regelung. Das bereits erwähnte mitunter langatmige Prüfungsverfahren entfällt.

Ein Problem, welches wohl seit Bestehen der ersten AU-Klausel immer wieder angeführt wird, ist das Wechselspiel mit möglichen Krankentagegeldabsicherungen. Es ist gut und richtig, an mögliche Stolpersteine zu denken. Einer dieser Stolpersteine kann sich bereits bei Antragstellung der BU ergeben:

  • Viele Krankentagegeldversicherer regeln in den Bedingungen, dass bei Neuabschluss einer weiteren oder bei Erhöhung einer anderweitig bestehenden Versicherung mit Anspruch auf Krankentagegeld deren Einwilligung eingeholt werden muss.
  • Bei Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer ggf. ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Leistung frei sein und hätte darüber hinaus ein Kündigungsrecht.
  • Zudem kann es bedingungsmäßig geregelt sein, dass Leistungen wegen Krankschreibung aus dem BU-Vertrag auf das private Krankengeld (Krankentagegeld) angerechnet werden.

Diese Punkte werden allerdings weitaus seltener thematisiert als folgende:

  • Die privat abgesicherte Krankentagegeld-Leistung erlischt bei BU!
  • Das kann unangenehme Folgen für den Kunden haben: Wird z. B. nach sechsmonatiger AU die AU-Leistung rückwirkend als BU-Rente ausbezahlt, so kann der Auszahlungsanspruch aus dem Krankentagegeld rückwirkend erlöschen; dies kann zur Folge haben, dass Sie hohe Beträge zurückbezahlen müssen – besonders unangenehm, wenn das Krankentagegeld die AU-Rente übersteigt.

Manch ein Vermittler ist der AU-Klausel gegenüber daher von vornherein eher vorsichtig bis ablehnend eingestellt. Auch hält sich der „Pauschalmythos“ – da mit Feststellung einer Berufsunfähigkeit der Kranken(tage)geldbezug endet – die AU-Klausel dafür sorgt, dass man noch früher kein Geld mehr von seiner Krankenversicherung bekommt.

Korrekt ist, dass ein privates (!) Krankentagegeld durch den Bezug einer (privaten) BU-Rente endet. Korrekt ist auch, dass bei einer rückwirkenden Leistung der BU-Rente auch mit einer Rückforderung der Krankentagegeldleistungen zu rechnen ist, die bis zum (zurückliegenden) Startdatum der BU-Leistung erhalten wurden. Dies ist ein Problem, das sich so nur für zwei Gruppen ergibt: Selbständige/Freiberufler und Angestellte über der Beitragsbemessungsgrenze. In jedem Fall also Personen, die privat krankenversichert sind.

Nun ist der größte Teil der Bevölkerung aber gesetzlich krankenversichert. Hier besteht Anspruch auf Krankengeld, also einer Sozialversicherungsleistung. Auf diese hat der Bezug einer privaten Berufsunfähigkeitsrente allerdings keinen Einfluss. Theoretisch können beide Leistungen parallel zueinander bezogen werden. Lediglich die (gesetzliche) Erwerbsminderungsrente als artverwandte Leistung korrespondiert sozusagen wieder mit der „Kranken-Schwester“.

Hat dieser Normalbürger ein Krankentagegeld zur Ergänzung seiner Einkünfte im Fall einer über sechs Wochen (Lohnfortzahlung) anhaltenden Erkrankung abgeschlossen, dann werden die Leistungen aus diesem natürlich adäquat der „Vollversicherten-Variante“ behandelt. Allerdings dürfte dies den meisten betroffenen egal sein, da die BU-Rente in aller Regel höher abgeschlossen sein dürfte und in der Summe aus Krankengeld und BU-Leistung dann sicherlich mindestens das gewohnte Netto erreicht wird.

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